„ Niemand hat das Recht zu gehorchen.“ Hannah Arendt
Wenn ich es so betrachte, dass entweder Liebe oder Angst jeder unser Handlungen zugrunde liegen, wird es einfacher, alles zu ordnen.
Handlungen aus Liebe [zu sich selbst] gehen von Innen nach Aussen. Das bedeutet, die Gefühle, Emotionen und Empfindungen des wichtigsten Menschen [sich selbst] auf dieser Welt zuerst abzufragen, analysieren, verstehen und erst dann gewissenhaft handeln.
Handlungen aus Angst [vor sich selbst] geschehen von Aussen nach Innen. Diese bedeuten nichts anderes als reflexartige Reaktionen, in denen der übermässige Verstand/ die grenzenlose Vernunft um sich selbst ringt, weil man die eigenen Gefühle, Emotionen und Empfindungen nicht kennt. In so einem Fall bleibt einem das gewissenhafte Handeln verborgen, trotz des Scheines gewissensvoll zu sein.
Ich stelle mir es so vor, ich wäre ein Tisch mit den Schubladen drunter, der in einem Raum steht.
Dieser Raum ist meine eigene Welt, die ich mir selbst eingerichtet habe.
Die Schubladen, die unter dem Tisch verborgen sind, enthalten alle meine Erfahrungen, Gefühle, Emotionen, Ängste, Zweifel, Tabus und Traumata, kulturelle und familiäre, aber auch gesundheitliche und geschlechtliche Besonderheiten, meine Vorlieben, Gewohnheiten und Verhaltensmuster, sowie mein Können.
Das Wesentliche und das Wichtigste dabei ist: diese Schubladen sind nach meinem eigenen System und meiner eigenen Logik geordnet, sodass ich immer weiss, wo ich was finden kann. Ich er-kenne mich selbst.
Sobald ein Mensch meinen [Lebens-]Raum betritt, hat dieser gezwungenermassen seine eigenen Dinge dabei, die er mir auf den Tisch legt. Diese Dinge können alles sein:  Etwas Neues, Interessantes, Ärgerliches, Be-Neid-enswertes, Glaub-würdiges, Merk-würdiges. Dadurch, dass ich weiss, was, wo und in welcher Schublade liegt, kann ich Dinge, die mir von Aussen auf den Tisch gelegt werden, bewerten und diese erfolgreich bewältigen, als etwas Wert-volles in erweiterte Schubladen unter meinem Tisch abspeichern und aufräumen oder vom Tisch und aus meinem [Lebens]Raum entfernen. Somit bleibt die Oberfläche meines Tisches klar und übersichtlich und ich handlungsfähig und besonnen, weil ich die klaren Grenzen meiner eigenen Verantwortung und meines Vertrauens kenne und diese bewahre.
Und was passiert, wenn ich die Ordnung meiner Schubladen, die sich unter der Oberfläche der Tischplatte befinden, nicht kenne, weil sie jemand anderes für mich geschaffen hat [sagen wir als Beispiel: überfürsorgliche Eltern, die mich nie gefragt haben, was ich in welcher Situation empfinde]?
Ich weiss in etwa, ich habe ganz viele Schubladen unter dem Tisch.
Ich weiss in etwa auch, dass diese Erfahrungen, Gefühle, Emotionen, Ängste, Zweifel, Traumata, kulturelle und familiäre, aber auch gesundheitliche und geschlechtliche Besonderheiten, meine Vorlieben, Gewohnheiten und Verhaltensmuster, sowie mein Können enthalten. Doch sobald jemand meinen Raum betritt und mir etwas auf meinen Tisch legt, kriege ich Panik oder Angst, weil ich keinen oder nur sehr geringen Zugang zum Inhalt habe.
Weil ich die Logik der Schubladenordnung nicht verstehe, kann ich es nur schlecht bewerten, was genau mir auf den Tisch gelegt wird: ist es Etwas Neues?, Interessantes?, Ärgerliches?, Be-Neid-enswertes?, Glaub-würdiges?, Merk-würdiges? Dadurch, dass ich alles hinter-frage, wird meine Unsicherheit grösser und somit die Angst zu entscheiden, was für mich Wert-voll ist und was nicht auch.
Womöglich schäme ich mich dafür, dass ich mich selbst nicht verstehe und versuche es zu maskieren und zu schützen, indem ich andere nachahme.
Anderen, die mir stärker er-scheinen. Ich suche mir Menschen, die mich führen, weil ich mich selbst nicht führen kann.
Weil ich ihnen übermässig viel Vertrauen geben kann.
Weil ich zu wenig Verantwortung für mich selbst übernehmen kann/ will.
Somit begebe ich mich in eine Abhängigkeit und mache mich zu einer leichten Beute für Menschen, die meine Unsicherheit für ihre eigenen Ziele ausnutzen.
Ein Mensch, der von Angst und Zweifel umgeben ist, ist leichter zu manipulieren. So einem Menschen ist es auch leichter zuzuweisen, was das richtige und was das falsche Denken/ Glauben wäre, womit dieser sehr einfach eine Schein-Ordnung für sich fest legen kann.
Ein Beispiel aus meiner eigenen Erfahrung wäre eine ehemalige Arbeitgeberin, bei welcher die Hierarchien vertikal aufgebaut sind. Der Führungsstil eines Teamleiters ist auf Angst, Zweifel und immensem Leistungsdruck aufgebaut. Diejenigen Mitarbeiter:Innen, die dort längere Zeit bleiben, stecken sich mit Angst, Zweifel und Leistungsdruck an, die durch den Führungsstill verbreitet werden. All das erklären diese Menschen für sich als normal [siehe 16. Tür], um die Grausamkeit der Angst, Zweifel und des Leistungsdruckes zu bewältigen. Um Ärger zu vermeiden und sich zu schützen, werden solche Menschen absolut gehorsam und ahmen den Führungsstil des Menschen nach, der über ihnen steht, um dem unter sich die Verantwortung abzugeben …
Weil das Denken ausgeschaltet ist und somit das Gewissen, die Empathie, das Mitfühlen … und die Handlungsfähigkeit.
Deshalb stimme ich der Hannah Arendt zu, dass „niemand das Recht hat zu gehorchen“, weil ganz einfach das Gehorchen eine Verarsche sein kann, bei der man zuerst sich selbst ständig verarscht.
Deshalb: „[…] zum Verarschen gehören auch Ablenkung, Beschimpfung und die Verbreitung von Mythen, Vorurteilen und Klischees. Sie zu kennen und zu kategorisieren hilft, um besser auf sie reagieren zu können. Es sind sowieso immer die gleichen.“ - Margarete Stokowski „UNTENRUM FREI“ S.190

In diesem Sinne, werdet wütend und produktiv in eueren Wünschen nach Veränderung.
In diesem Sinne wünsche ich Jeder und Jedem Resilienz und Selbst[er]kenntnis.
“It’s also a matter of respect and love for the material, like respect for the earth and respect for very simple things that we are surrounded with. When you pay respect to these things, your life gets more interesting. "  Axel Vervoordt
Ich habe da so einen Verdacht, dass ich eine Berufskrankheit habe, denn jedes Mal, wenn ich mich nach einer neuen Wohnung umschaue, kommt es immer zu einer kleinen Krise in mir drin. Ich habe einen ziemlich hohen Anspruch sowohl an die Lage, wo ich wohnen will, als auch [und das ist vielleicht das Wichtigste dabei] an die Gestaltung der Innenräume meiner zukünftigen Bleibe. Natürlich sehe ich mir genauestens die Bilder auf den Immobilien-Portalen an. Besser noch, wenn mir ein aktueller Grundriss in die Hände kommt und ich mir dann gleich ein drei dimensionales Bild im Kopf visualisiere und gleich dazu abfrage, wie ich mich darin fühle.
Doch am spannendsten wird es dann bei der Besichtigung. Egal wie prekär die Wohnungssituation in einer Stadt sein mag: merke ich, dass es sich um eine Sammelbesichtigung handelt, ist für mich die Wohnung gleich erledigt. Ganz einfach weil die Art der Besichtigung mir schon zeigt, wie mit den Nutzern umgegangen wird, was womöglich schon bei dem Umgang mit der Bausubstanz des Besitzers/ der Besitzerin anfängt.
Sobald ich dann in einer Wohnung stehe, sind für mich die räumlichen Proportionen wichtig, sowie die im Raum ausgeführten Materialien: sind die Fensterrahmen aus Holz oder Metall oder Plastik? Welches Material hat der Boden usw. Denn nur so spüre ich die Atmosphäre im Raum.
Und dann ist da noch etwas aus meinem Beruf als Lichtplanerin:
Ich weiss, dass es heute fast keine Wohnung gibt [ausgenommen Altbauten], die keinen mittigen Deckenanschluss hat. Ja, das regt mich sehr auf, doch dann weiss ich einfach damit umzugehen und schaue mir genau an, wo die Steckdosen liegen. Handelt es sich für mich um ein Wohnzimmer, sind mir solche Steckdosen umso wichtiger, denn ich entscheide mich zu 99,99% gegen Pendel- oder Aufbauleuchten, im Volksmund oft als Hängelampe bezeichnet, mitten im Raum, um es einfach hell zu haben. Mehr spiele ich lieber mit Steh-, Tisch  oder Klemmleuchten, vielleicht sogar mit in die Möbel integriertem Licht, damit der Raum gemütlich wird und nur dort beleuchtet wird, wo es das braucht.
Aus der Erfahrung heraus sage ich nur, dass ich es nicht verstehen kann, welche Überlegungen Vermieter oder Eigentümer zugrunde legen, wenn sie einen billigen Laminatboden in die Wohnung einbringen. Der Klang ist furchtbar, der Staub ist sicher und optisch ist es sowieso fraglich…
So viel zu den kleinen Details, die ich immer wieder im Blick habe, wenn ich mir eine Wohnung auswähle, denn eben solche Details haben einen Einfluss auf mein Wohlfühlen im Raum.
Eins meiner Erlebnisse möchte ich aber keinem hier vorenthalten, denn vor ca. 3,5 Jahren waren mein Partner und ich in Wermatswil und haben uns einen „Altbau“ aus den 80ern angeschaut. Es ging um die Villa Kolb, eines Architekten, der die Wendeltreppe etablierte.
Als ich die Innenräume betrat, war ich überwältigt von der Form, den Materialien und Farben, von den lichtdurchfluteten Lebensräumen, dem aussergewöhnlichen Schnitt und von der Offenheit des Raums. Zusätzlich gab es eine Klangführung, die ich dann aufgenommen habe. Hier ist der Auszug aus dem Gespräch über die Räumlichkeiten und deren Entstehung: 
"Man kann sich sehr gut vorstellen, der erste Grundton bedeutet eigentlich die Säule da in der Mitte. Ohne diese Säule würde hier nichts statt finden.[…]
[…] Ein Prozess, wie ein Architekt eigentlich, wie melodisch seinen Bleistift führt und skizziert. Das ist mal das, die ersten Ideen, das sind Striche. Das sind Striche, die zusammenkommen und wieder auseinander geraten, die langsam den Raum erfüllen. Aber der Raum der wird jetzt in der Musik eben anders entdeckt. Der wird entdeckt durch eine gewisse Mehrschichtigkeit, mit der gleichen Melodie, mit dem gleichen Grundgedanke entsteht jetzt das Gebäude.
[…] Das ist also schon mehr als ein kanonisches Werk, einfach auseinander zu sein, sondern man muss auch miteinander bleiben. Das gibt ein Gefüge, es gibt einen neuen Raum, das heisst, der Raum wird neu ausgefüllt. Und jetzt fängt der Architekt an, räumlich zu überlegen. Aus der Linie entsteht der Raum. Fläche! Und dann der Raum. Und das ist in der Architekturvorstellung,(.) gar nicht anders möglich, als das man innerlich immer wieder in einem Raum hinein steht, der noch gar nicht existiert, aber man kann selber schon hinein stehen.“
„Where you sit in your room is important. If you're going to be a designer, your environment  is your design." Goodby Silverstein
Ich werde jetzt so provokant sein und behaupte einfach, dass in jedem von uns ein:e Designer:in, bzw. ein:e Gestalter:in steckt. Bei denjenigen, die sich weniger oder gar nicht kennen, ist diese:r Gestalter:in sehr leise und versteckt sich so tief im Inneren, dass er/sie unsichtbar erscheint.
Das Verb „Gestalten“ an sich ist keine Addition der Architekt:innen, Innenarchitekt:innen, Designer:innen, Photograph:innen oder Künstler:innen. 
Gestalten kann jede:r, unabhängig von Berufen oder Denkweisen etc.
Zugrunde des Gestaltens liegt die Entscheidung der Selbstbestimmung und Selbstkenntnis. Der eigenen Vorstellung des Wohlfühlens nachzugehen und diese dann umzusetzen gibt ein gutes Gefühl und innere Zufriedenheit.
Lasst uns das grosse Thema des Wohnens betrachten. Ich nehm ein Beispiel vom Hemden-Kaufen aus einer der Diskussionen zwischen mir und meinem Partner. 
In einem Supermarkt kaufe ich mir ein Hemd von der Stange und finde mir sicher eins, das mir grösstenteils passt, erschwinglichen Preis hat und gut aussieht. Passt! Das Hemd hängt fertig da und so muss ich nicht viel machen, als anprobieren, mein „Okay“-Gefühl einholen, bezahlen und schon habe ich alles, was ich brauche. Komplizierter wird es dann, wenn eine Auswahl an Hemden sehr gross ist und ich mir nicht sicher bin, was ich genau brauche.
Massgeschneidertes Hemd … Hm! da wird’s aweng aufwendiger am Anfang. Ich gehe zur Schneiderin oder zum Schneider und lasse mich abmessen, wir reden darüber, was mir steht und was weniger, welcher Schnitt könnte mir besser passen, welche Textilien wie sich an dem Körper verhalten und und und … Womöglich verbringe ich 2-3 Stunden und muss in paar Tagen nochmal kommen, um anzuprobieren, ob alles sitzt.
Es lohnt sich, weil…
Zum Schluss, eine Woche später, habe ich ein Hemd, das sich meinem Körper anschmiegt und absolut perfekt an mir sitzt. 
Kleine Details, die unbewusst von unserem Auge wahr genommen werden, machen einen subtilen und doch so einen markanten Unterschied zwischen einem von der Stange gekauften Hemd und dem, das einst meinen Vorstellungen, Bedürfnissen und Wünschen massgeschneidert ist.
Es geht nicht darum das teuerste Sofa oder Teppich etc. zu haben.
Es geht gar nicht darum zu haben. 
Es geht ums Wissen „was will ich eigentlich“, „was brauche ich eigentlich und warum“
Heutzutage gibt es so viele Möglichkeiten eigenes Zuhause schön zu gestalten, dass es fast unmöglich ist zu entscheiden wie … Und wenn ich nicht weiss, was ich will, was ich brauche und wofür, ist die Gefahr sehr gross, dass ich mich in diesem Ozean von Tipps und Tricks und Schmuck, Leuchten, neuen Technologien und und und sehr schnell verliere.
Sehr oft merke ich, dass viele Menschen die Effizienz, Wirtschaftlichkeit und das Rationale der Atmosphäre, Gefühlen und Emotionen vorziehen.
Ein Beispiel aus meiner Erfahrung, wenn ich gefragt werde, was ich beruflich mache, sage ich, dass ich unter anderem auch eine Lichtgestalterin bin. Der Beruf ist nicht einfach zu begreifen, also werde ich meistens gefragt, ob ich diejenige bin, die Lampen in den Räumen plant, dass die LEDs sehr effizient sind und wenig Strom verbrauchen. Zum Schluss folgen eigene Geschichten über die „Lampen“, die man so bei sich Zuhause hat.
Und dann kommt mein Lieblingsmoment, wenn ich den Gegenüber frage, wie sie/er das Licht der Leuchte empfindet, wie oft sie/er die Leuchte einschaltet und welche Funktion der Raumbereich unter der Leuchte hat. Welche Lichtatmosphäre im Raum hätte man gern eigentlich und warum …
Dann sehe ich manchmal in den Augen ein Funkeln, ein „Eureka“-WOW.
So dreht sich das Denken um, von der Frage z. B. „welche Leuchte möchte ich in meinem Wohnzimmer über dem Tisch haben, die günstig aber doch gut aussieht?“,
zu „Welches Licht und wie hell brauche ich es über dem Esstisch, welche Tätigkeiten übe ich dort aus?“. Schlussendlich stellt sich automatisch die Frage ein: “Und wieviel ist es mir Wert?“
Merkt ihr den Unterschied?
Es geht nicht mehr um LEDs, um Effizienz, Stromsparen und Lampen. Primär geht es um das Wohlfühlen, welches eigene Bedürfnisse abdeckt, dabei darf es auch effizient werden. Aber nicht umgekehrt.
Im Endeffekt, wenn ich etwas gestalte, gestalte ich die Atmosphäre [mit]. Je nach Intensität meiner Auseinandersetzung während des Gestaltungsprozesses mit mir selbst und mit dem, was ich kreiere, kommt die Atmosphäre meines Stils und dessen Ästhetik deutlich oder weniger deutlich zu spüren.
Gestaltung fängt bei der Kenntnis eigener Werte, Bedürfnisse und Wünsche an. Dann kann auch ein noch so grosses Wohneinrichtungsgeschäft mit seinem unendlichen Angebot kommen und mir trotzdem Freude bereiten. Weil es nicht überfordert.
Eine kleine Warnung: mit so einem Vorgehen setzt ein Lawineneffekt ein, da man die Frage an der Wurzel anpackt und nicht an den Blättern.